Noch im letzten Quartal 2022 waren sich die Ökonomen weltweit einig, dass sowohl die USA als auch Europa zu Beginn des Jahres 2023 in eine starke Rezession abgleiten. Mit der jüngsten Energiekrise und den aggressiven Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed schien der Auslöser für eine Rezession klar und daher unvermeidlich zu sein.
Aber trotz der Blaupausen aus vergangenen Zeiten kommt es doch wieder anders: In Europa haben die Ökonomen die Fähigkeit der Haushalte und der Industrie, sich rasch an die knappe und somit teure Energie anzupassen, unterschätzt. Hinzu kommt, dass die Fähigkeit und die Bereitschaft der Konsumenten, ihre während der Coronawellen aufgehäuften Ersparnisse für vermehrten Konsum auszugeben, deutlich unterschätzt wurde. Auch die Auftragspolster der Industrie wurden in der Form nicht erwartet. Dies hat insgesamt die Gefahr einer gesamtwirtschaftlichen Schrumpfung spürbar abgefedert.
Infolgedessen wird es in den meisten europäischen Staaten wohl nicht mehr zum Konjunktureinbruch kommen. Und selbst in Deutschland droht nun keine ausgeprägte Rezession, sondern es wird vermutlich bei einer sogenannten technischen Rezession bleiben – das sind zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung. So ist der Einkaufsmanagerindex für den gewichtigen Dienstleistungssektor zu Jahresbeginn wieder über die viel beachtete 50-Punkte-Expansionsmarke geklettert. Gleichzeitig überrascht auch der kräftige Auftragseingang der deutschen Industrie.